Geschichte

138 Jahre Verein für Gesundheitspflege Spandau e.V.

Das starke Anwachsen der Städte und nicht zuletzt das Wachsen der Industrie machte es dem
Menschen vor der Jahrhundertwende immer schwerer, eine gesunde Lebensweise und Freizeitgestaltung zu finden.
Deshalb gründeten einige Idealisten, darunter der Naturheilkundige W. Arrenberg am 24. Oktober 1884 den Verein für Gesundheitspflege.
Der Verein hat sich zur Aufgabe gestellt, seinen Mitgliedern eine gesundheitliche Erziehung durch Verbreitung naturgemäßer Lebensformen und Heilweisen zu vermitteln. Es sollte die Naturheilbewegung näher gebracht und durch Einrichtungen die Gesundheitspflege gefördert werden.
Dementsprechend wurde auch der Vereinsname gewählt, um auf eine gesunde Lebensweise hinzuweisen, damit es gar nicht erst zu ernsthaften Erkrankungen kommt.

Diese Ziele sollen erreicht werden mit:

1. Unterhaltung eines Licht-, Luft- und Sonnenbades mit eingebauten Brausebädern
2. Schrebergärten zur Erholung
3. Kaffeegarten für nicht gartengebundene Mitglieder
4. Gestellung von Spiel- und Sportgeräten
5. Pflege von Leibesübungen aller Art
6. Vorträge und Lehrgänge über vernünftige Lebensweisen
7. Unterhaltung einer Vereinsbücherei
8. Übermittlung der Zeitschrift „Der Naturarzt“ an die Mitglieder durch Zugehörigkeit zum Deutschen Bund der Vereine für naturgemäße Lebens- und Heilweise

Das Vereinsgelände befand sich an der sogenannten Hasenmark in Spandau, dicht neben der Heeresbrieftaubenstation. Hier wurde in sehr bescheidenen Verhältnissen angefangen, mit einfachen Gebäuden und Geräten zur Erreichung der Vereinsziele. Man kann sich in der heute sehr aufgeschlossenen Zeit kaum noch vorstellen, dass man amtlicherseits unseren Bestrebungen sehr wenig Sympathie entgegenbrachte. Wir wurden häufig mit den Vereinen für Freikörperkultur verwechselt. Dem war aber nicht so. Unser Luft und Sonnenbad war abgezäunt und abgeschlossen und das Sonnenbaden oder Brausen nur nach Geschlechtern getrennt erlaubt.
In der damaligen, an Freizeitgestaltung sehr armen Zeit wurden unsere guten Bestrebungen von der Bevölkerung sehr bald anerkannt und so bekam unser Verein ständig Zuwachs an Mitgliedern.


Am 20. Juli 1909 musste der Verein innerhalb von zwei Wochen sein Gelände räumen, da dieses zur Bebauung benötigt wurde.
Als Ersatz gab es jedoch ein viel größeres Gelände an der Kisseln-Allee, das bei den vielen Lufthungrigen großen Anklang fand. Der Umzug vollzog sich trotz aller Schwierigkeiten unter materieller und tatkräftiger Hilfe der Mitglieder schnell und fast reibungslos. Schon am 16.August 1909 konnte mit dem Wiederaufbau des Sonnenbades an seinem neuen Standort begonnen werden.
Mit diesem Gelände hatte unser Verein einen sehr glücklichen Griff getan, da er es durch Zupachtung erweitern konnte.
Hier erlebte der Verein seine Blütezeit, in der er eine Mitgliederzahl von fast 600 erreichte und den größten Teil seines Geländes an 122 Schrebergärtner weiterverpachtete. Er konnte aber auch seinen Vereinsmitgliedern etwas bieten.
Alles, was eingangs als Vereinsziele erwähnt wurde, konnte verwirklicht werden. Hier entstand ein vorbildliches Vereinsheim mit Erfrischungshalle als zweckmäßiger, gut ausgeführter Holzbau und anschließenden Sonnenbädern.

Es hatte sich auch im Jahr 1923 eine Frauengruppe gebildet, die durch ihre Tätigkeit viel zum Wohle des Vereins beigetragen hat. Ihre Gymnastikübungen, die Dampfer- und Busfahrten sowie die Kaffeekränzchen waren bei allen Mitgliedern immer sehr beliebt. Aus interessierten Gruppenmitgliedern wurde im Juli 1931 eine Faustballspielgruppe gegründet, deren Mitglieder einen vorschriftsmäßigen Faustballplatz geschaffen haben, auf dem mit anderen Vereinen Rundenspiele ausgetragen wurden.


Nach fast 30-jährigen Vereinslebens auf dem Gelände mussten wir dieses Ende März 1938 wieder räumen, da unser „Nachbar“, die Napola (nationalpolitische Bildungsanstalt) sich vergrößern wollte und den größten Teil unseres Geländes zugesprochen bekam. Da wir die Gemeinnützigkeit besaßen, gab man uns als Ersatz unser jetziges viel kleineres Gelände „Am Rust“ in Hakenfelde neben den Wannseeaten. Wenn auch der Umzug unseres Vereins durch ein kleines Vereinsguthaben und durch eine
einigermaßen günstige Abfindung zu ertragen war, so war er doch ein erheblicher Rückschlag für unseren Verein.
Durch das wesentlich kleinere Gelände verloren wir über die Hälfte unserer Mitglieder und Schrebergärtner. Das Gelände war völlig kahl, ohne Bäume und Sträucher und wurde durch eine 1,5 m hohe Havelkieslage urbar gemacht. Bei der Parzellierung war man bedacht, möglichst viele Gärten zu schneiden, um viele Interessenten unterzubringen. Es wurden daher vorerst nur 144 qm pro Schrebergarten verteilt.
Im Jahr 1943 ereilte uns aber das größte Mißgeschick: Durch Kriegseinwirkung und Brand ging unsere Vereinshalle samt dem Sonnenbad und unser gesamtes Vereinsinventar verloren. Was in jahrzehntelanger Arbeit geschaffen worden war, wurde an einem Tag vernichtet. Die Nachkriegszeit sah uns völlig zerschlagen. Vereinsvermögen war nicht mehr vorhanden, die Mitgliederzahl war auf 50 zurückgegangen. Diese waren von einigen Ausnahmen abgesehen, nur noch gartengebundene Mitglieder.
Die Vereinsarbeiten wurden vorerst illegal weitergeführt, da lt. Bestimmung der Alliierten Hohen Kommission alle Vereine aufgelöst waren.


Im Januar 1950 erhielten wir vom Magistrat von Groß-Berlin wieder die Zulassung. Jetzt konnte endlich mit der Vereinsaufbauarbeit begonnen werde. Es war von vornherein klar, dass nur die Schaffung eines neuen Vereinsheimes die nötigen Voraussetzungen für einen Aufschwung im Vereinsleben bringen konnte.
Am 30. April 1953 wurde zu einer Bausteinhilfe und zu tätiger Mitarbeit aufgerufen. Es zeigte sich, dass in einem kleinen Rest der noch verbliebenen Mitglieder die gleichen früheren Vereinsideale steckten, um den Wiederaufbau zu einem vollen Erfolg zu bringen
Schon im Jahr 1954 war der noch halbfertige Steinbau des Vereinsheimes samt seiner Nebenräume soweit, dass wir ein Sommerfest feiern konnten. 1955 wurde das Vereinsheim seiner vollen Bestimmung übergeben. Durch die Aufteilung eines Geländestreifens konnte die Zahl der Schrebergärten auf 65 erhöht werden. Auch beim Bau einer neuen modernen WC-Toilette und Verstärkung der elektrischen Stromleitung waren wir sehr stark auf die tätige und finanzielle Mithilfe der Mitglieder angewiesen.


1967 wurde eine Kegelgruppe gegründet.
In den Jahren 1968 bis 1971 wurde dann eine Fäkalienleitung von der Toilette zum Haupttor gelegt. Außerdem bekam das ganze Vereinsgelände eine neue Wasserleitung mit separaten Anschlüssen.
Diese große, schwere Arbeit konnte ebenfalls nur durch den Einsatz aller Mitglieder in Gemeinschaftsarbeit bewältigt werden.

Durch Begradigung des Vereinsgeländes zum Wald hin, konnten wir noch zwei Parzellen hinzugewinnen, sodass nun 67 Parzellen verpachtet werden konnten. Wir erneuerten das Haupttor und versahen es mit einem neuen Transparent.
Bevor die Vereinswege ausgebaut wurden, verlegten wir noch teilweise eine Wegebeleuchtung.
Mitte der 70er Jahre wurde der Zwischenbau für den Kantinenpächter fertig, das Vereinsheim ausgebaut und das Sonnenbad erneuert. Eine neue Satzung wurde auch ausgearbeitet, die 1977 in Kraft trat:

Der Verein will die gesundheitliche Erziehung durch Verbreitung naturgemäßer Lebensform und Heilweise sowie krankheitsvorbeugende Maßnahmen fördern.
Hierunter fällt insbesondere die Förderung, Schaffung und Unterhaltung von Einrichtungen zur Gesundheitspflege, wie Luft, Licht- und Sonnenbäder, Spielplätze und Schrebergärten unter Ausschluss jeder gewerbsmäßigen Nutzung.
Der Verein hat den Zweck, die öffentliche Gesundheitsvorsorge und Gesundheitspflege zu fördern sowie junge Menschen für eine gesunde Lebensweise zu gewinnen und unter den Mitgliedern geselligen Umgang zu pflegen.

Der Vereinszweck wird durch folgende Mittel erreicht:

a) Unterhaltung eines Vereinsgeländes, eines Gesundheitszentrums zum luft-, licht- und
sonnenbaden und eingebauten Duschen.
b) Anlegung und Unterhaltung von Kleingärten und Spielplätzen unter Ausschluss jeder
gewerblichen Nutzung.
c) Gestellung von Spiel-, Sport- und Trimm-Dich-Geräten
d) Abhaltung von Versammlungen und Vorträgen, die mit der Gesundheitsförderung
zusammenhängen
e) Veranstaltung von Gartenfesten, Gesellschaftsabenden sowie Ausflügen,
Frauengruppentätigkeit und Sportgruppen.

Weiterhin wurden eine Geschäftsordnung für die Mitgliederversammlung, eine Geländeordnung, eine Hausordnung für das Vereinsheim und eine Flaggenordnung geschaffen.
Ende der 70er Jahre konnte der neu eingerichtet Trimm-Raum übergeben werden. 1980 wurde der Kaffeegarten umgestaltet und mit einer neuen Bestuhlung versehen.

1981 hatten wir die Gründungsversammlung der IG Rust.
Aus einer losen Vereinigung aller Vereine auf den Rustwiesen wurde die Interessengemeinschaft Rust e.V. Berlin-Spandau, die im Artikel 3 ihrer Satzung festlegte:

„Im Bewusstsein der gemeinsamen Interessen und in dem Willen, in demokratischem Geiste unserer gemeinsamen Verantwortung nach außen sowie nach dem obersten Prinzip des Wohlverhaltens untereinander und der Freundschaft zueinander zu wirken, stellt sich die IG Rust in den Dienst ihrer Mitglieder.“

Mit den Jahren bildeten sich auch eine Tischtennisgruppe, eine Radfahrergruppe und eine Trödelgruppe.
Auch bei Volksläufen innerhalb und außerhalb Berlins waren die Vereinsmitglieder immer dabei.

1988 wurde die Stromversorgung der Parzellen von ober- auf unterirdisch umgestellt, wodurch die Strommasten auf dem Vereinsgelände verschwanden. Anschließend wichen die Betonplatten auf dem Hauptweg einem umweltfreundlichen Verbundpflaster.

1994 wurde vereinsintern das 110jährige Bestehen feierlich begangen.

Von 1997 bis 1999 wurde das Vereinsheim umfassend renoviert (Fassadenerneuerung mit Wärmedämmung, Fenster mit Sicherheitsglas, Einbau eines Fensters zum Spielplatz), das Vorstandszimmer verlegt, ein Durchgang vom Vereinsheim zur Toilette geschaffen, die Toilette umgebaut und eine Behindertentoilette eingerichtet.
Gleichzeitig wurde die Wärmeversorgung für das Vereinsheim und die Toilette von Öl auf Gas umgestellt.

2004 wurde das Vereinsheim neu möbliert.

2008 wurde nach eingehender Diskussion mit den Mitgliedern die bisherige Satzung von nicht mehr aktuellen Bestimmungen befreit und durch Integration der Geschäftsordnung für die Mitgliederversammlung, der Geländeordnung, der Hausordnung für das Vereinsheim und der Flaggenordnung erheblich übersichtlicher gestaltet. Weiterhin verfolgt der Verein folgende Ziele:

Der Verein hat den Zweck und das Ziel, die Gesundheitspflege und den Sport zu fördern sowie unter den Mitgliedern geselligen Umgang zu pflegen, unter Ausschluss jeglicher gewerblichen Nutzung.
Zwecke und Ziele des Vereins werden durch folgende Mittel erreicht:

  • Gesundheitsförderung
  • Sportangebote
  • Gesellschaftsveranstaltungen
  • Unterhaltung des Vereinsgeländes
  • Unterhaltung von Parzellen und
  • Unterhaltung eines Vereinsheimes.

2008 wurde das 2006 erneuerte Eingangstor wieder um das Vereinsschild über dem Tor ergänzt und der Kaffeegarten neu möbliert Der Abfallplatz wurde im Rahmen eines neuen Müllkonzeptes auf das Gastankgelände verlegt.
Die Schranke zum Parkplatz wurde mit einer Fernsteuerung versehen und der Parkplatz trocken gelegt.
Weiterhin wurde die Tanzfläche im Kaffeegarten saniert und mit einem Zeltdach gegen Regen geschützt.
Die brunnenorientierte Bewässerung des Vereinsgeländes wurde ausgebaut.

Am 24. Oktober 2019 feierte der Verein für Gesundheitspflege intern sein 135 jähriges Bestehen.

Im Jahr 2021 wurde der Ur-wald vom Haupttor bis zum Parkplatz beseitigt und wird im Frühjahr 2022 komplett neu gestaltet. Die Außenanlage vom Vorplatz bis zum Haupttor wurde umgestaltet und der Zaun ersetzt.

Es gibt also immer etwas zu tun, um unser Vereinsgelände zu verschönern und neue Ideen umzusetzen.

Deshalb wird die Arbeit nicht ausgehen, aber auch immer ein Grund zum Feiern vorhanden sein.